Mein emotionalster Einsatz, den ich je hatte…


Als die Einsatzanforderung einging, dachte ich nur: Hoffentlich hat jemand meiner lieben Kollegen:innen Zeit, denn mein Tag war so voll, dass ich es mir nur schwer vorstellen konnte, an dem Tag eine Familie zu begleiten.

 

Schnell stellte sich heraus, dass niemand zeitnah fahren konnte und zum Glück dauerte mein Termin am Morgen nicht so lang, und so konnte ich ganz zeitnah nach der Anforderung im Krankenhaus sein.

Als ich den Kreißsaal betrat, sagte man mir, in welchem Zimmer die Familie liegt. Am Ende des Flures sah ich den Papa mit der großen Tochter Lilly auf dem Arm stehen. Lilly ist 8 Jahre alt. Ich ging zu den beiden, stellte mich vor. Der Papa sagte mir, dass Lilly den kleinen Bruder noch nicht gesehen hat und dass sie auch nicht in das Zimmer gehen möchte. Schon da spürte ich ihre innerliche Angst und Unsicherheit sehr deutlich.

 

Ich ging dann alleine zu der Mama ins Zimmer. Der kleine Karl lag in ihren Armen und nebendran der große Bruder Gregor. Gregor ist 5 Jahre alt. Er war ganz aufgeschlossen, kuschelte sich an die Mama und Karl. Ich stelle mich vor…

‌Die Mama erzählte mir, dass sie im Urlaub hier im Norden waren, ein vorerst letzter Urlaub, bevor das Baby hätte geboren werden sollen. Die Plazenta löste sich und so kam die Mama als Notfall in die Klinik. Man versuchte noch, den kleinen Karl wieder ins Leben zu holen – leider vergeblich… Ich finde dafür keine Worte… so unvorstellbar ist diese Situation für mich… ich begann irgendwann, die ersten Momente zu fotografieren.

 

Eine liebe Hebamme kümmerte sich dann liebevoll um Lilly und so kam der Papa mit dazu. Er erklärte mir nochmal, dass Lilly sich nicht traut und absolut nicht mit ins Zimmer möchte – ich fotografierte die Familie dann erstmal zu dritt – auch den kleinen Karl alleine. Gregor setzte sich dann auf das andere Bett und hat den kleinen Karl auf den Arm genommen. Wie selbstverständlich ist er mit dem kleinen Karl umgegangen. So kleine Kinder haben in der Regel kaum bis gar keine Berührungsängste.

Ich weiß aus Berichten betroffener Familien, wie wichtig es für die Geschwisterkinder im Nachhinein war, das Sternenkind kennenzulernen und sich auch von ihm zu verabschieden.

Und so wollte ich Lilly so gerne die Chance geben, doch noch den Mut zu fassen.
Ich fragte die Eltern, ob wir gemeinsam zu Lilly gehen wollen, ich hatte eine Idee…

 

Ich verriet dem Papa meine Idee und so gingen wir zu Lilly. Sie saß mit der Hebamme in der Küche und sie malten etwas. „Lilly“, sagte ich… „weißt du eigentlich, dass dein Bruder die gleiche Haarfarbe hat wie du?“ Sie schaute mich neugierig an. „Ich habe seine Haare fotografiert, möchtest du dir das Bild auf der Kamera mal anschauen?“ Lilly willigte sofort ein und so zeigte ich ihr ein Bild von Karls Haaren. Sie blickte auf die Kamera, schaute direkt zu ihrem Vater und sagte: „Ich möchte ihn sehen!“ Mit fester Stimme und voller Entschlossenheit. Tränen schossen in ihre Augen.

Wir gingen zusammen zu der Mama und Gregor ins Zimmer. Lilly schaute schüchtern zu Karl, ihre Eltern sprachen mit ihr, ich hielt mich im Hintergrund und fing an, zu fotografieren. Lilly traute sich dann, sich zu nähern und so kuschelte sich dann die ganze Familie um Karl.

Nach einiger Zeit wurde es Lilly zu viel, sie konnte ihre Gefühle nicht einordnen und setzte sich mit ihrem Papa auf einen Stuhl am Ende des Bettes. Sie fing ganz schlimm an zu weinen und sagte unter Schluchzen und tränenerfüllt: „Ich wollte doch mit ihm spielen, ich wollte, dass er zu Hause bei uns wohnt...“

 

Mir zerriss es das Herz und Tränen schossen mir in die Augen. Dieses kleine Mädchen... so verzweifelt und verletzt, so hilflos und in diesem Moment schon so weit, dass sie sich so klar äußern konnte… Der Papa nahm sie aus der Situation raus und ging mit ihr auf dem Flur.

Ich wusste nicht wohin mit mir, hab natürlich versucht, die Fassung einigermaßen zu bewahren... so schwer... Ich habe so sehr mit ihr mitgefühlt...

Nach einiger Zeit wollte Lilly wieder ins Zimmer und die beiden kamen erneut zu uns.

Nach einer Zeit nahm der Papa den kleinen Karl auf den Arm und setzte sich mit ihm ans Fenster, ich fotografierte die beiden, Lilly stellte sich mit dazu und traute sich dann auch, Karl zu berühren. „Lilly“, sagte ich zu ihr, „Gregor hatte Karl vorhin auf dem Arm, möchtest du das auch?“ Sie nickte sofort mit dem Kopf. Ich war so erleichtert, dass sie sich traut.

Lilly nahm Karl auf den Arm, schaute ihn vorsichtig an, berührte ihn und gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. So ein mutiges, großes Mädchen... Ich merkte: sie selbst war so erleichtert.

Ich sah ihr an, wie stolz sie trotz der Situation war, ihren kleinen Bruder im Arm zu halten.

Gregor setzte sich zu den Beiden. Auf einmal kuschelte sich Lilly an ihren kleinen Bruder Gregor, sie vergrub ihr Gesicht an seiner Wange, suchte Schutz – mich hat das erneut sehr berührt..

Ich hielt so viel ich konnte mit meiner Kamera fest.

Irgendwann war es an der Zeit, mich von der Familie zu verabschieden. Ich verließ das Krankenhaus, setzte mich ins Auto und atmete erstmal ganz tief durch. Tränen liefen mir über meine Wangen, mich hat dieser Einsatz so sehr berührt. Es dauerte ein bisschen, bis ich den Motor starten konnte... Noch Tage danach, als ich meinen Kollegen:innen davon erzählte, hatte ich es noch nicht gänzlich verarbeitet… Immer wieder musste ich beim Erzählen weinen, erst nachdem ich die Bilder fertig bearbeitet hatte, ein langes Gespräch mit meinem Mann geführt und die Erinnerungsbilder an die Familie geschickt habe, konnte ich mit einem kleinen Lächeln an die Zeit im Krankenhaus zurück denken.

Kleine große, mutige Schwester Lilly…

Einsatzbericht von Bo's Mama

Am 5.2. bin ich mit meinem Partner Jan gegen 21.00 Uhr ins Krankenhaus gefahren. Seit circa 17.00 Uhr hatte ich Wehen, welche ich erst nicht als solche einordnete. Die Regelmäßigkeit war irgendwann sehr auffällig und wir fuhren los. Da ich seit Monaten ständig Blutungen hatte und auch schon mehrfach im KH war, wo es dem Kleinen immer gut ging, war ich dieses Mal zum ersten Mal entspannt und dachte, es wird schon alles gut sein. Im Untersuchungszimmer wollte die Ärztin ausschließen, dass ich kein Fruchtwasser verliere. Als sie das sagte, habe ich das weitere Szenario irgendwie schon vor mir gesehen. Sie machte einen Ultraschall, das Herz des Babys schlug, aber es war kaum noch Fruchtwasser vorhanden. Mein ganzer Körper fing an zu zittern. Es wurden weitere Tests gemacht und eine weitere Ärztin kam und untersuchte mich. Ich wäre gerne optimistisch geblieben, hatte aber sofort dieses Bauchgefühl, dass es nicht gut ausgehen wird. Sie erklärte uns dann, dass, wahrscheinlich durch Bakterien, mein Blasensprung verursacht wurde, und dass es sehr wahrscheinlich ist, dass das Baby in den nächsten drei Tagen zur Welt kommt.
Ich war Ende der 21. SSW, viel zu früh also. Sie erklärte uns, dass das Baby noch nicht überlebensfähig sei. Sie ließ uns kurz alleine, ich weinte viel und dachte, ich sei im falschen Film.

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Ein sehr bewegender Bericht einer Mama…

Wir haben lange versucht schwanger zu werden, immer ohne Erfolg. Nach 2 Jahren haben wir dann die Kinderwunschklinik kontaktiert. Wir haben dort eine Icsi Behandlung im Oktober 22 begonnen, alles verlief ohne Komplikationen, es wurden mir 2 Eizellen eingesetzt, die auch gleich den richtigen Weg gefunden haben und ich direkt beim ersten Versuch schwanger war. Die Freude war so unbeschreiblich schön, alles so unfassbar. Beide Eizellen hatten es geschafft - wieder war die Freude groß, alles schien so einfach.

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Einsatzbericht Karl

Mein emotionalster Einsatz, den ich je hatte…


Als die Einsatzanforderung einging, dachte ich nur: Hoffentlich hat jemand meiner lieben Kollegen:innen Zeit, denn mein Tag war so voll, dass ich es mir nur schwer vorstellen konnte, an dem Tag eine Familie zu begleiten.

 

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