Lönne

Am Sonntag wurde ich zu einem ganz besonderen Einsatz gerufen.. Vor 3 Wochen wusste ich von der Klinik, dass Zwillinge geboren wurden. Dem einen geht es gut, dem Bruder leider nicht. Sie wüssten nicht, wie es sich entwickelt.. wollten uns aber schon mal Bescheid geben.. Der Anruf kam von der Neo Intensiv Station. Ihr Lieben dort.. ihr macht einen so großartigen Job..

Mit der Info habe ich erst einmal meine Kollegen benachrichtigt.. mehr wusste ich nicht.. war auch erst einmal nicht nötig, denn wir organisierten uns für die kommenden Tage..

eine kurze Beschreibung zum Bild...

Als ich einige Tage später zu einem anderen Einsatz in den Kreißsaal gerufen wurde, habe ich danach die Neo besucht und nach dem kleinen Jungen gefragt.. Dort sagte man mir, er wird beatmet. Man weiß noch nicht, wie es weitergeht..

Ohne ihn.. ohne die Eltern zu kennen.. mir blieb dieses Gespräch auf dem Flur noch lange in Erinnerung, denn ich habe mich in das Gefühl der Eltern versetzt.. Wenige Meter neben dem Zimmer lag der gesunde Zwillingsbruder.. Ein Pendeln zwischen Bangen und Hoffen.. zwischen Freude und Glück.. zwischen Verzweiflung und Hilflosigkeit..

5 Tage später war ich leider schon wieder im Kreißsaal.. und wieder habe ich an den kleinen Jungen gedacht.. Ich stand nach meinen Einsatz am Fahrstuhl und als die Tür der Neo gerade aufging sah ich eine liebe Schwester, die schon einige Einsätze auf dieser Station mit mir zusammen begleitet hat. Ich fragte erneut, wie es dem Kleinen geht und sie schüttelte nur mit dem Kopf und sagte traurig.. nicht so gut.. es wird bald entschieden, wann die Geräte abgeschaltet werden.. oh man.. so traurig.. Ich fragte, ob der Bruder auch noch hier ist.. ja.. das ist er, sagte sie...

Die Beiden sind am 19.01. in der 34. SSW geboren und auch er musste natürlich noch versorgt werden.

Ich bat sie, den Eltern vorzuschlagen die beiden Jungs auch zusammen zu fotografieren.. Soforn es mit dem Gesunden möglich ist.. Dann habe ich mich mit einem Kloß im Hals verabschiedet.. Wieder waren meine Gedanken bei den Eltern.. bei dem kleinen Jungen..

Am Sonntag rief mich die Klinik erneut an.. heute sollte es soweit sein.. die Geräte werden abgeschaltet und die Eltern wünschen sich auch Bilder mit Beiden zusammen.. Ich hatte ja schon mal berichtet, dass dieses „Warten“ ganz schlimm ist.. zu wissen, dass der Anruf kommt.. aber nicht wann.. Es ist was anderes, wenn ein Alarm eingeht, man entscheidet, ob man los kann und direkt fährt. Keine Zeit zum Überlegen. Tasche packen.. los...

Ich habe auch meine Tasche gepackt.. aber ganz in Ruhe.. habe drei Herzen rausgesucht.. nicht zwei.. denn der kleine gesunde Bruder sollte auch für später ein Herz haben.. Eines für die Eltern.. eines für den kleinen Lönne.. nun wusste ich auch seinen Namen.. Lönne.. was für ein schöner Name..

Die Tasche stand im Flur und ich habe gewartet.. es war um die Mittagszeit.. die Eltern waren nun da.. immer wieder kreisten meine Gedanken um den bevorstehenden Einsatz. ... der Bruder darf mit auf die Bilder.. mein erster Einsatz mit Zwillingen, wo es einer geschafft hat.. und der andere die Kraft nicht hatte.. Ich hatte keine Sorge, was das Fotografieren angeht.. Ich habe hier bei mir zu Hause schon einige Zwillinge fotografiert.. aber die Emotionen, die dran hingen.. ihr Lieben.. ihr könnt euch sicher vorstellen, wie ich mich gefühlt habe..

Am frühen Abend dann der Anruf: um 17.30 Uhr kann ich in der Klink sein.. der kleine Lönne ist eingeschlafen.. er wird nun noch gewaschen.. angezogen.. ich kann mich langsam auf den Weg machen..

In der Klinik angekommen musste ich noch einige Minuten warten, bis ich in das Zimmer der Familie durfte..

Ganz lieb begrüßte mich die Mama und die Oma des kleinen Lönne. Sie standen beide am Bettchen und schauten den so hübschen Jungen an.. Sie lächelten mich an.. eine ganz besondere Stimmung im Raum.. Ich streichelte ihn.. und sagte glaub ich sowas wie: ach Kleiner.. was machst du denn für Sachen.. ich weiß es nicht mehr genau.. die Mama erzählte mir kurz, was passiert ist

Bei einem ganz normalen Routine Ultraschall wurde vermutet, dass Lönne unter Blutarmut leidet. Die Beiden wurden sofort auf die Welt geholt. Doch, schreibt die Mama, es kam alles anders.. Lönne hat bereits im Mutterleib einen schweren Hirnschaden erlitten.. durch Sauerstoffmangel.. Wann und wieso.. das weiß keiner.. Diese Frage wird wohl immer offen bleiben...

Ich fragte die Mama: Er ist friedlich eingeschlafen oder? .. Ja, sagte sie.. ganz, ganz friedlich.. denn so sah er auch aus.. wie schlafend.. so wunderhübsch..

Dann betrat der Papa, mit einem kleinen Bündel Mensch auf dem Arm, den Raum.. Linus.. der gesunde Bruder.. Ich begrüßte den Papa, sah Linus an uns sagte.. "die Beiden sehen sich aber ähnlich.". "Ja," sagte die Mama.. "sie sind eineiig." und schon wieder hatte ich einen riesen Kloß in meinem Hals.. nicht, dass es die Situation noch schlimmer gemacht hätte.. nein.. das macht keinen Unterschied.. aber ich dachte an den gesunden Bruder.. an später.. an dieses unsichtbare Band, welches die Beiden noch stärker als andere Zwillinge verbindet..

In der Klinik fiel es mir nicht sofort auf.. aber beim Bearbeiten der Bilder.. die Haare.. der Verlauf.. 100%ig gleich.. eineiig halt.. Lönne hat durch die Situation der vergangenen zwei Wochen Wassereinlagerungen, die auch im Gesicht erkennbar waren. Dadurch wirkte er kräftiger als sein Bruder.. und trotzdem.. eine Schnute die Beiden..

Ich sagte den Eltern, dass ich nun anfange zu fotografieren.. dass ich sie mit einbeziehen werde.. dass sie mir sagen sollen, wenn sie irgendwas nicht möchten.. oder sich ganz bestimmte Bilder wünschen.. ja.. die beiden auch zusammen.. so gerne erfüllte ich ihnen auch diesen Wunsch..

Ich begann, Lönne alleine zu fotografieren.. gab die Herzen und erklärte ihnen die Bedeutung.. Die Eltern und die Oma waren sehr gerüht.. Welch schöne Idee sagte die Oma.. ja.. das ist sie .. und ich möchte mich hier nochmal von ganzem Herzen bei allen bedanken, die diese Herzen für uns gefertigt haben.. ihr macht genau diese Gefühle möglich .. und helft so den Eltern, die wissen... eines der Herzen ist für immer bei ihrem Sternenkind.

Ich bezog die Eltern mit ein.. fotografierte die Hände mit Lönnes Hand.. wie sie sanft ihre Hände auf sein Köpfchen legten.. schützend.. über ihn.. so ein rührendes Bild..

Dann legten wir Lönne ganz sanft auf die Matratze .. Vorsichtig nahm ich dem Papa den kleinen Linus ab und in dem Moment, wo ich ihn neben Lönne gelegt habe.. ich bekomme gerade wieder am ganzen Körper Gänsehaut.. in dem Moment hat Linus uns sein Engelslächeln gezeigt.. ganz lang.. dass ich es noch geschafft habe, schnell meine Kamera zu schnappen und ein leichtes Grinsen einfangen konnte..

Ihr Lieben.. die beiden waren 34 Wochen zusammen im Bauch und nun nach der Geburt das erste Mal wieder zusammen.. ganz dicht.. und ich glaube, Linus wollte Lönne zeigen.. alles wird gut.. Ich weiß, dass es dir gut geht, da wo du nun bist..

.. das erste Mal zusammen... das letzte Mal zusammen..

.. ich brauchte etwas, bis ich das für mich klar hatte.. auch zu Hause habe ich da immer wieder dran gedacht.. ein unsichtbares Band.. welches beide verbindet.. er hat gelächelt.. sah so zufrieden aus.. das werde ich nie vergessen...

.. wisst ihr.. ich bin so dankbar für meine Aufgabe, die ich machen darf.. ja.. es ist schwer.. die Gefühle der Eltern.. der Familie.. ich trage viele, viele Einsätze immer noch mit mir.. aber ohne Schmerz.. Denn ich habe die ganz besondere Ehre, dass ich die kleinen Sternchen kennenlernen darf.. und oft bin ich - neben den Eltern und dem Krankenhauspersonal – die einzige, die dieses kleine Kind sehen.. es kennenlernen.. ihm eine gute Reise wünschen darf.. Ich weißt nicht, ob das nachvollziehbar ist.. Es ist schon was ganz Besonderes.. Immer getragen von dem Gedanken, den Eltern diese für sie so wertvollen Erinnerungen zu schenken..

.. er hat gelächelt.. was für ein Moment.. ein Tränchen steigt auf, wenn ich daran denke..

Ich fotografiere die Zwei zusammen, bis ich dann Linus wieder in den Arm des Papas gelegt habe.. und Lönne in den Arm der Mama...

Schwer fiel mir der Abschied.. und ich wusste.. daran werde ich noch sehr lange denken..

Die Mama berichtete mir, dass sie immer meine Berichte gelesen hat.. und nie gedacht hat, selbst mal in so eine Situation zu kommen.. Sie erlaubte mir, von diesem für mich so besonderen Einsatz zu berichten.. um aufzuklären.. um bekannt zu machen, dass es uns gibt.. uns ehrenamtliche Fotografen für SternenkindFotografie.

Linus darf mittlerweile bei seinen lieben Eltern zu Hause sein.. und bei seinen Geschwistern.. und heute habe ich die Bilder zur Post gebracht.. mit dem Büchlein „Lilli ist ein Sternenkind“.. das so viele von euch gespendet haben.. Ich danke euch so sehr dafür.. es wird den großen Geschwisterkindern helfen zu verstehen, was passiert ist.. wenn vielleicht den Eltern auch manchmal die Worte fehlen.. wissen sie dann, dass es ok ist, wenn Mama und Papa traurig sind und auch weinen müssen.

Ihr Lieben.. ihr kennt das und ich bin euch so unendlich dankbar.. denn nur durch euch wissen so viele von uns.. Teilt diesen Beitrag fleißig.. ruft beim Teilen eure Freunde auf, dies auch zu tun.. bis auch der letzte weiß, dass es uns gibt.. und uns anfordern darf, wenn das Unvorstellbare passiert..

Ich danke euch...

Einsatzbericht von Bo's Mama

Am 5.2. bin ich mit meinem Partner Jan gegen 21.00 Uhr ins Krankenhaus gefahren. Seit circa 17.00 Uhr hatte ich Wehen, welche ich erst nicht als solche einordnete. Die Regelmäßigkeit war irgendwann sehr auffällig und wir fuhren los. Da ich seit Monaten ständig Blutungen hatte und auch schon mehrfach im KH war, wo es dem Kleinen immer gut ging, war ich dieses Mal zum ersten Mal entspannt und dachte, es wird schon alles gut sein. Im Untersuchungszimmer wollte die Ärztin ausschließen, dass ich kein Fruchtwasser verliere. Als sie das sagte, habe ich das weitere Szenario irgendwie schon vor mir gesehen. Sie machte einen Ultraschall, das Herz des Babys schlug, aber es war kaum noch Fruchtwasser vorhanden. Mein ganzer Körper fing an zu zittern. Es wurden weitere Tests gemacht und eine weitere Ärztin kam und untersuchte mich. Ich wäre gerne optimistisch geblieben, hatte aber sofort dieses Bauchgefühl, dass es nicht gut ausgehen wird. Sie erklärte uns dann, dass, wahrscheinlich durch Bakterien, mein Blasensprung verursacht wurde, und dass es sehr wahrscheinlich ist, dass das Baby in den nächsten drei Tagen zur Welt kommt.
Ich war Ende der 21. SSW, viel zu früh also. Sie erklärte uns, dass das Baby noch nicht überlebensfähig sei. Sie ließ uns kurz alleine, ich weinte viel und dachte, ich sei im falschen Film.

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Ein sehr bewegender Bericht einer Mama…

Wir haben lange versucht schwanger zu werden, immer ohne Erfolg. Nach 2 Jahren haben wir dann die Kinderwunschklinik kontaktiert. Wir haben dort eine Icsi Behandlung im Oktober 22 begonnen, alles verlief ohne Komplikationen, es wurden mir 2 Eizellen eingesetzt, die auch gleich den richtigen Weg gefunden haben und ich direkt beim ersten Versuch schwanger war. Die Freude war so unbeschreiblich schön, alles so unfassbar. Beide Eizellen hatten es geschafft - wieder war die Freude groß, alles schien so einfach.

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Einsatzbericht Karl

Mein emotionalster Einsatz, den ich je hatte…


Als die Einsatzanforderung einging, dachte ich nur: Hoffentlich hat jemand meiner lieben Kollegen:innen Zeit, denn mein Tag war so voll, dass ich es mir nur schwer vorstellen konnte, an dem Tag eine Familie zu begleiten.

 

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