Henry - Bericht der Mama

"Ich war mit unserem dritten Kind schwanger, die Untersuchungen bis dahin waren alle gut und es hieß immer: "Es ist alles in Ordnung."
Eine Pränataldiagnostik hatte ich bei keinem meiner Kinder durchführen lassen, ich wollte an das Gute glauben. Der Gedanke, vor eine Entscheidung gestellt zu werden – das wollte ich nicht.

Zwei Wochen vor dem Entbindungstermin stellte ich mich im Krankenhaus vor, um mich für die Geburt anzumelden. Es wurde ein Ultraschall durchgeführt und der Arzt meinte, er würde nochmal eine Kollegin schauen lassen, eine Niere wäre auffällig. Ich hatte schon da ein komisches Gefühl, wollte aber keinen schlimmen Gedanken zulassen, es hieß ja immer: "Es ist alles in Ordnung."

Wir wechselten in einen anderen Raum, an ein anderes Gerät und plötzlich sorgten sich die Ärzte nicht mehr die Niere, sondern um Henrys Herz. Ich musste erneut auf die kardiologische Station wechseln, die Untersuchungen dauerten lang und die Mienen der Ärzte waren ernst, mir wurde immer bewusster, dass irgendetwas definitiv nicht in Ordnung war.  

Man sagte mir, Henry würde nach der Geburt wahrscheinlich sehr lange auf der Intensivstation liegen müssen, er hätte einen schweren Herzfehler, welchen, konnten die Ärzte zu diesem Zeitpunkt nicht sicher erkennen, sie hätten eine Vermutung, aber seine erste Lebenszeit würde er im Krankenhaus bleiben müssen.

Für mich brach eine Welt zusammen: Es war doch alles ok bis dahin?!

Henry sollte per geplanten Kaiserschnitt auf die Welt geholt werden, der errechnete Termin sollte für die Geburt stehenbleiben.

Als ich zu Hause ankam, brach ich buchstäblich zusammen. Ich weinte so sehr. Henry hat zwei große Schwestern, Lilli (6) und Hanna (3). Lilli kam zu mir und fragte mich, was los wäre und ich erzählte ihr, dass Henry sehr krank wäre und nach der Geburt lange im Krankenhaus bleiben müsste. Sie fing auch an zu weinen und so saßen wir da, Arm in Arm, weinend, Hanna konnte es mit ihren drei Jahren natürlich noch nicht verstehen oder begreifen.

Mein Mann und ich versuchten dann, uns vor den Kindern zusammenzunehmen und redeten dann abends und weinten so sehr.
Es hört sich so doof an, aber wir waren davon ausgegangen, dass wir ein gesundes Kind zur Welt bringen. Es war irgendwie selbstverständlich für uns. Warum auch immer.

Was mir gegenüber Henry so leid tat war, dass ich ihn nicht so oft im Bauch gestreichelt hatte, nicht so wie beim ersten Kind, wo die ganze ungeteilte Aufmerksamkeit auf dem Baby im Bauch gelegen hatte.
Die dritte Schwangerschaft lief doch irgendwie nebenbei mit.
Wir versuchten dann, alles nachzuholen, wir wussten zu dem Zeitpunkt natürlich nicht, dass er sterben würde, wir haben Musik an den Bauch gehalten, haben viel mit ihm geredet.
Innerhalb ganz kurzer Zeit wollten wir, dass er spürt, wie sehr wir ihn lieben.
Ich hatte so eine Angst vor der Zeit, in der er auf der Intensivstation liegen würde...

In den kommenden Tagen hatte ich immer wieder das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, ich schob es aber auf die Panik und die Angst in mir.

Am Wochenende, kurz vor dem geplanten Kaiserschnitt, war mir übel, ich hatte Schmerzen, schob dies aber erneut auf den Stress - ich hatte tagelang nur geweint und kurz vor der Geburt zwackt es ja auch schon mal, ich kannte das von meinen anderen beiden Schwangerschaften –, dachte mir nichts dabei oder verdrängte es vielleicht auch ein bisschen, im Nachhinein betrachtet.

Das Seltsame war, dass mein Mann mich gefragt hatte:
„Sag mal, spürst du ihn noch?“
Henry war nie ein wirklich aktives Kind in meinem Bauch gewesen, ich spürte ihn nicht, machte mir diesbezüglich aber auch keine großen Sorgen, es war zwei Tage vor dem geplanten Kaiserschnitt und ich hatte vorher eh noch einen Termin in der Klinik.

Dieser Termin war einen Tag danach und als sie mich ans CTG angeschlossen und den Herzschlag nicht sofort fanden, wusste ich sofort, dass Henry im Bauch gestorben war.

Nachdem noch einmal an einem anderen Gerät geschaut worden war, legte die Ärztin ihre Hand auf mein Knie und sagte:
"Es tut mir leid, wir können keinen Herzschlag mehr finden, ihr Sohn lebt nicht mehr."

Es war wie im Film: so unwirklich.
Wir standen kurz vor der Entbindung, dann die schlimme Diagnose, wir waren drauf eingestellt, dass uns eine schwere Zeit im Krankenhaus bevorstünde - und nun war er tot. So plötzlich. Ohne, dass wir das vorher in Betracht gezogen hatten...

Zwei Tage später sollte Henry auf die Welt kommen, es war wieder wie im Film, ich wollte es auch hinter mich bringen. Es war so unwirklich, ein totes Kind in mir zu tragen, ich wollte ihn aber auch unbedingt sehen und ihn im Arm halten. Und es kam mir immer wieder kurz der Gedanke: Vielleicht haben sich die Ärzte ja doch getäuscht und Henry lebt! Ich habe bis zur letzten Sekunde gehofft, dass alles nur ein schlechter Scherz ist.

Ich wusste von einer Freundin, dass es die Sternenkindfotograf:innen gibt und nahm Kontakt zu Tanja auf. Sie sagte mir, dass sie am Freitag leider keine Zeit hätte, eine liebe Kollegin hätte aber Zeit und würde zu uns kommen. Ich war erleichtert, mir war es so wichtig, schöne Erinnerungsbilder von Henry zu haben!

Frühmorgens bin ich ins Krankenhaus. Ich war völlig überfordert:
Schon jetzt wurde über die Beerdigung gesprochen, ich war fix und fertig.
Dennoch war ich froh, dass es jetzt soweit war – und ich freute mich, Henry bald im Arm halten zu können.
Kurz vor dem Kaiserschnitt, auf dem Weg in den OP, fühlte ich mich einfach nur schlecht.

Ich fühlte mich wie ein Verlierer, der sein Kind verloren hatte.
Es klingt für mich nun auch komisch, aber diese Gedanken hatte ich.
Ich fühlte mich einfach nur grottenschlecht.
Ich habe nur funktioniert.

 

Für den Kaiserschnitt wurde ich in Vollnarkose gelegt und nach Henrys Geburt hatte mein Mann den Kleinen eine Stunde im Arm.

Als ich dann wieder zu mir kam, wurde ich zu den Beiden gebracht.
Ich war noch total benebelt und hatte Angst, aber ich freute mich auch, Henry endlich zu sehen.
Mein Mann hatte ihn im Arm, ich konnte ihn aber nicht sofort nehmen, ich musste mich erst einmal Stück für Stück herantasten.

Ich muss weinen, wenn ich das erzähle:
Ich sah Robert mit unserem Sohn und fühlte den Schmerz so sehr.
Wer ist auf so etwas schon vorbereitet?
Mein Mann musste mir Henry immer wieder zeigen, von allen Seiten. Irgendwann war ich bereit, ihn auf den Arm zu nehmen, das war so schön.
Ich fand ihn so süß. Er sah aus, als würde er schlafen. Ich fragte mich, warum ich in dem Moment gar nicht traurig war, die Schwestern meinten, ich hätte auch noch sehr viele Medikamente in mir, ich war in dem Moment einfach nur glücklich, dass ich Henry so lange halten und mit ihm kuscheln konnte.

Am Tag der Geburt konnte ich nicht weinen, zum einen vielleicht, weil ich so vollgepumpt mit Medikamenten war, zum anderen war ich aber auch glücklich, dass ich ihn im Arm halten, ihn ansehen konnte.
Ich habe versucht, jedes Detail aufzusaugen.
Wir haben ihm all unsere Liebe gezeigt.  Es war traumatisch, schön und Scheiße gleichzeitig – ich kann es nicht anders in Worte fassen...

Irgendwann kam dann Rea, um die Bilder von uns zu machen.  
Wir hatten Henry im Arm, haben mit ihm gekuschelt und geredet und Rea hat diese Momente ganz dezent im Hintergrund eingefangen.

Schlimm für uns war es, dass seine Schwestern Henry nicht kennenlernen konnten. Aufgrund der Corona-Situation durften sie nicht ins Krankenhaus.
Lilli war zeitweise richtig böse und enttäuscht darüber.
Wir hätten ihr so gerne die Möglichkeit gegeben. Zum Glück haben wir Bilder, eines hängt bei uns im Wohnzimmer.

Die Bilder sind wie ein Schatz für mich. Sie sind in einer Box. Ich schaffe es manchmal nicht, alle Bilder anzusehen, weil ich dann so traurig bin und es einfach zu doll weh tut. Aber ich bin so froh, dass ich diese Bilder habe, das ist das Einzige, was bleibt. Es ist so wunderschön. Ich bin unendlich dankbar dafür!

Ich möchte mich auf diesem Wege auch nochmal ganz herzlich bei dem Ärzteteam, der Hebamme und allen Beteiligten des UKSH Kiel bedanken.
Ich habe mich so schlecht gefühlt, aber alle waren so nett zu uns, dass hat diese schlimme Situation ein kleines Stück erträglicher gemacht.
Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist - Tränen laufen mir gerade runter, wenn ich daran denke – kurz vor der Narkose hat jemand meine Hand gehalten, bis ich eingeschlafen bin. Im Nachhinein fühlte ich mich so geborgen und ich bin so dankbar dafür."

Liebe Mama von Henry, danke für deine so offenen und gefühlsvollen Worte!

Einsatzbericht von Bo's Mama

Am 5.2. bin ich mit meinem Partner Jan gegen 21.00 Uhr ins Krankenhaus gefahren. Seit circa 17.00 Uhr hatte ich Wehen, welche ich erst nicht als solche einordnete. Die Regelmäßigkeit war irgendwann sehr auffällig und wir fuhren los. Da ich seit Monaten ständig Blutungen hatte und auch schon mehrfach im KH war, wo es dem Kleinen immer gut ging, war ich dieses Mal zum ersten Mal entspannt und dachte, es wird schon alles gut sein. Im Untersuchungszimmer wollte die Ärztin ausschließen, dass ich kein Fruchtwasser verliere. Als sie das sagte, habe ich das weitere Szenario irgendwie schon vor mir gesehen. Sie machte einen Ultraschall, das Herz des Babys schlug, aber es war kaum noch Fruchtwasser vorhanden. Mein ganzer Körper fing an zu zittern. Es wurden weitere Tests gemacht und eine weitere Ärztin kam und untersuchte mich. Ich wäre gerne optimistisch geblieben, hatte aber sofort dieses Bauchgefühl, dass es nicht gut ausgehen wird. Sie erklärte uns dann, dass, wahrscheinlich durch Bakterien, mein Blasensprung verursacht wurde, und dass es sehr wahrscheinlich ist, dass das Baby in den nächsten drei Tagen zur Welt kommt.
Ich war Ende der 21. SSW, viel zu früh also. Sie erklärte uns, dass das Baby noch nicht überlebensfähig sei. Sie ließ uns kurz alleine, ich weinte viel und dachte, ich sei im falschen Film.

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Wir haben lange versucht schwanger zu werden, immer ohne Erfolg. Nach 2 Jahren haben wir dann die Kinderwunschklinik kontaktiert. Wir haben dort eine Icsi Behandlung im Oktober 22 begonnen, alles verlief ohne Komplikationen, es wurden mir 2 Eizellen eingesetzt, die auch gleich den richtigen Weg gefunden haben und ich direkt beim ersten Versuch schwanger war. Die Freude war so unbeschreiblich schön, alles so unfassbar. Beide Eizellen hatten es geschafft - wieder war die Freude groß, alles schien so einfach.

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Einsatzbericht Karl

Mein emotionalster Einsatz, den ich je hatte…


Als die Einsatzanforderung einging, dachte ich nur: Hoffentlich hat jemand meiner lieben Kollegen:innen Zeit, denn mein Tag war so voll, dass ich es mir nur schwer vorstellen konnte, an dem Tag eine Familie zu begleiten.

 

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