Erinnerungen - Mein erster Einsatz
Eine unserer Fotografinnen erzählt von ihrem ersten Einsatz...
Der erste Schrei ist ein deutliches Lebenszeichen des neugeborenen Kindes.. Er schafft Erleichterung... Doch manchmal gibt es einen ganz stillen Schrei... Einen Schrei, den keiner hören kann... Der Schrei der Eltern, weil sie ihr Sternenkind im Arm halten... Die Welt scheint still zu stehen... Was in den Staaten schon weiter akzeptiert ist, ist hier in Deutschland für viele noch ein Tabu-Thema... Die Erinnerung festhalten... In Bildern... Denn auch diese Eltern haben ein Recht darauf, gehört zu werden... Zu trauern... Zu verarbeiten... Dass auch ihr Baby ihnen in Erinnerung bleibt... Sein Aussehen nicht verblasst... Dass die Erinnerung wach bleibt... Und Bilder helfen dabei... Nicht alle Eltern möchten dies.. Nicht alle Eltern schauen sich die Bilder an.. Aber sie hätten die Möglichkeit...
Es gibt in Deutschland viele Fotografen, die den Eltern dieser ganz besonderen Kindern ehrenamtlich Erinnerungsfotos schenken. Nur leider wissen viele noch nichts von diesen Möglichkeiten, obwohl sie sich im Nachhinein vielleicht gefühlvolle Bilder von ihrem Engel gewünscht hätten. Vor 8 Jahren habe auch ich mich dazu entschlossen, Eltern diese Möglichkeit zu geben. Dass mich mein erster "Foto-Engel-Einsatz" allerdings zu Mitgliedern meiner Familie geführt hat, hat mir erstmal den Boden unter den Füßen weggerissen. Noah's kleine "Geschichte" soll erzählt werden, schreibt mir die liebe Mama des Kleinen. Alle sollen wissen, dass er da war... Der kleine Noah... Wenn ihr mögt, lest sie... Seine kleine Geschichte...
Als mich am späten Abend der Anruf erreichte, ob ich mich auf den Weg machen könnte, habe ich sofort meine Sachen gepackt. Der kleine Noah sei auf die Welt gekommen... Er sei wunderhübsch, sagte mir meine Schwägerin...
Auf dem Weg ins Auto schlug mein Herz bis zum Hals und ich zitterte am ganzen Körper.. Ich fahre jetzt zu zwei Menschen, die ich so lieb habe... Die ihr kleines Sternenkind zu Welt gebracht haben... Ich wusste nicht, was mich erwartet... Wie sieht ein kleiner Mensch aus, wenn es in der 20. SSW still zur Welt kommt? Je näher ich zum Krankenhaus fuhr, desto ruhiger wurde ich.. Ich wusste, es sind so wertvolle Bilder für die tapferen Eltern des Kleinen... Nur diese Stunden hatten wir... Diese Stunden, in denen wir Bilder für die Ewigkeit machen konnten... Ich wusste, es ist genau richtig, dass ich jetzt da bin um diesen einen Wunsch der Eltern zu erfüllen, denn dann müssen sie ihren Engeln bald endgültig zu den Sternen fliegen lassen...
Als der Papa mit seinem klitzekleinem Sternenkind in unseren Raum kam, weinten wir... Wir weinten alle und konnten es nicht begreifen... Wie soll man es auch verstehen? Es darf nicht passieren, es war so unwirklich.. Wir lagen uns in den Armen, ich fühlte den Schmerz meines Neffen und seiner Frau so sehr...
Und dann sah ich Noah.. Er war so klein.. So perfekt.. Und so wunderhübsch.
Ganz klammheimlich hat er sich in das Leben der kleinen Familie geschlichen... 17 Wochen lang.. kKeiner hat was geahnt... Wo es doch eigentlich gar nicht möglich war... Er hat es geschafft.. Eine Woche.. Erst voller Fragen... Dann voller Vorfreude auf dieses neue Leben, welches heran wächst.. Nur eine Woche.. Dann erste Vermutungen und später die schlimme Gewissheit, Noah ist krank.. Wird nicht lebensfähig sein..
In den Stunden nach der Geburt durfte ich da sein.. Durfte in diesen so besonderen Stunden die kleine Familie fotografieren, in denen sie zu dritt waren.. Ohne zu wissen, ob und wann sie diese Fotos überhaupt jemals anschauen werden.. Vielleicht liegen sie auch einfach nur im Umschlag und dieser bleibt verschlossen.. Aber die Eltern haben die Möglichkeit, sich Bilder von dem kleinen Noah anzuschauen.. Einen Beweis dafür zu haben, dass er wirklich da war.. Ein paar Stunden mit ihm zusammen.. Bilder für die Ewigkeit.. Es gab nur diese eine Chance.. Die Mama schrieb mir einen Tag später: "Danke, liebe Tanja, die Bilder helfen mir so sehr.. Ich habe so große Angst, ihn zu vergessen".
Nur dafür habe ich es getan und ich weiß heute, dass ich der Familie viel mehr als "nur" Bilder geschenkt habe..
Ihr Lieben.. Ihr lieben Eltern von Noah.. Ich bewundere euch.. Ihr habt soviel Stärke und Kraft gezeigt.. In dieser unvorstellbaren Situation.. Ich bin dankbar, dass ich euren kleinen Engel kennenlernen durfte.. Ihm wird es im Sternenland gut gehen...
Oft denke ich noch an diesen, an meinen ersten Einsatz zurück. Und wie oben geschrieben, war mir sofort klar, dass es genau richtig ist, dass ich da war. Dass diese Aufgabe für mich die genau Richtige ist: Den Eltern von Sternenkindern Erinnerungsbilder zu schenken... Seit dem Einsatz durfte ich schon so viele liebe Eltern begleiten. Noah... mein kleiner Großneffe wird mich in Gedanken immer begleiten.. Mein erstes kleines Sternenkind